Gedanken zu urbanen Grünräumen
Womöglich müsse ein neuer Typ von Grünraum geschaffen werden, der sich weniger dem Begriff Garten verdankt. Die Stadt würde dann nicht mehr aus Gebäuden und Verkehrsachsen bestehen, in denen Grünräume vereinzelte, voneinander abgeschnittene Inseln sind, sondern würde zusätzlich, wie durch eine zweite Haut, von einem dreidimensionalen Netz grüner Räume umspannt. Dies wird in einem Hintergrundbeitrag der Frankfurter Rundschau beleuchtet.
Damit dergleichen Früchte tragen, müssen Freiräume gewissermassen multicodiert sein, sich in Fläche und Nutzung überlagern, gegenseitig bedingen und beeinflussen. Durch erhöhten Bedarf für weitere Bebauung müssen zudem bestehende Grünflächen mehr Funktionen übernehmen, was sich zum Beispiel durch erhöhten Freizeitdruck auf bislang weniger genutzten Grünräumen ausdrücken kann.
Prägend für die Identität der Stadt
Es ist bemerkenswert, dass in vielen zeitgenössischen Entwürfen einer Zukunftsstadt das Wesen des Grüns mit dem Wesen des Urbanen eng korreliert. Denn die Identität der Stadt basiert nicht nur auf Gestalt und Funktionsweise der bebauten, sondern auch der unbebauten, vegetativen Flächen. In gleicher Weise, wie Flussauen, Parks oder stadtnahe Waldgebiete das Bild einer Stadt prägen, sind sie auch immer wieder verantwortlich für ein besonderes Lebensgefühl breiter Bevölkerungsschichten.
Jedoch braucht es auch wirtschaftliche Potenz und eine bestimmte Haltung der Entscheidungsträger in Stadtpolitik und Verwaltung zu grünen Freiräumen. Wer freien Zugang gewährt, zeitigt sicherlich andere Effekte einer urbanen „Draussenkultur“ als derjenige, der anspruchsvolle Grünräume gegen Eintritt mit Jahreskartenrabatt zugänglich macht und die Stadtbevölkerung mit gehypten Inszenierungen anlockt.
Ebenso Entdichtung verlangt
Für städtebauliche Verdichtungsszenarien gibt es keine Rezepte, aber einige Vermutungen und Erfahrungen: Bauliche Dichte verlangt gleichzeitig nach Entdichtung – nach einer Perforierung des Stadtganzen mit Parks, Höfen, Niemandsländern, Orten und Nicht-Orten, die dem Nichtstun dienen. Und es kann durchaus helfen, die Stadt als symbolischen Ort einer modernen Natur zu sehen – wie es etwa der neue Park am Berliner Gleisdreieck vorexerziert hat. Allerdings geht es dann weniger um Naturschutz in der Stadt, vielmehr um eine Freiraumplanung, die die öffentlichen (Grün)Räume für Stadtbewohnerinnen und Stadtbewohner nutzbar macht.
Über das Schöne und Nützliche
Wer eine Antwort sucht auf die Frage, was das Grün für die Zukunft der Stadt bedeutet, der ist gemäss dem Autor Robert Kaltenbrunner gut beraten, sich der Vergangenheit zu vergewissern – und etwa bei Fürst Pückler nachzuschlagen. Denn was der renommierte Gestalter im Jahr 1834, in der Frühzeit urbaner Bauspekulation, über die Bedeutung des Grünraums sagte, das gilt in erweitertem Sinn auch heute: „Gestattet uns, auch das Schöne hier in Anschlag zu bringen; denn ich sehe nicht ein, weshalb man das Schöne vom Nützlichen ausschliessen sollte. Was ist denn eigentlich nützlich? Bloss was uns ernährt, erwärmt, gegen die Witterung beschützt? Und weshalb denn heissen solche Dinge nützlich? Doch nur, weil sie das Wohlsein des Menschengeschlechts leidlich befördern? Das Schöne aber befördert es in noch höherem und grösserem Masse; also ist das Schöne eigentlich unter den nützlichen Dingen das Nützlichste.“ Zu Pücklers Zeiten hat man sich solcher Einsicht nicht verschlossen.
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Bild: imago images/Cover-Images
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